28.10.2013 | NEUE VERJÄHRUNGSFRISTEN
Am 1. Januar 2013 sind die neuen Verjährungsfristen im Sachgewährleistungsrecht in Kraft getreten. diese Änderungen zielen primär auf eine Besserstellung der Schweizer Konsumenten und auf eine Harmonisierung mit den Bestimmungen des europäischen rechts ab. Sie haben aber auch Auswirkungen auf die Baubranche.
Bis zum 31. Dezember 2012 war die Rechtslage so, dass beim Kaufvertrag die Verjährung bei Mängeln an einer beweglichen Sache ein Jahr nach Ablieferung des Kaufgegenstands eintrat. Mit anderen Worten: Mängel konnten nur während eines Jahres nach Ablieferung des gekauften Gegenstands geltend gemacht werden. Voraussetzung hierfür war eine sofortige Anzeige des Mangels nach dessen Entdeckung. Diese Regelung galt auch beim Werkvertrag, nur mit anderen Fristen. Gemäss den Bestimmungen des Obligationenrechts konnte hier der Besteller seine Mängelrechte bezüglich unbeweglichen Werken gegen Unternehmer, Architekten oder Ingenieure noch während fünf Jahren nach Abnahme des Werks geltend machen. Auch hier galt die Voraussetzung, dass er die Mängel sofort nach deren Entdeckung zu rügen hatte.
Seit dem 1. Januar 2013 ist im Obligationenrecht, was Kaufgegenstände und bewegliche Werke betrifft, die einjährige einer zweijährigen Frist gewichen. Neu tritt also die Verjährung erst zwei Jahre nach Ablieferung des Kaufgegenstands ein. Auch im Werkvertrag gilt für bewegliche Werke seit dem 1. Januar 2013 die zweijährige Verjährungsfrist.
Bestimmungsgemässe Integration
Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang die neue Regelung mit der «bestimmungsgemässen Integration» einer beweglichen Sache oder eines beweglichen Gegenstands in ein unbewegliches Werk. Wird zum Beispiel ein aus Stahl und auf Mass vorfabrizierter Tresor in eine Wand eingemauert und entstehen in der Folge zum Beispiel aufgrund der schlechten Stahlqualität des Tresors Schäden an der Wand, haftet der Lieferant des Tresors nach dessen Abnahme noch während fünf Jahren. Damit haftet er für allfällige durch den Tresor ausgelöste Schäden am Gesamtwerk und auch für Schäden am Tresor selber genauso lange wie der Bauunternehmer für seine Wand. Bis zum 31. Dezember 2012 haftete der Lieferant des Tresors nur ein Jahr lang. Mit den neuen Bestimmungen zielt der Gesetzgeber darauf ab, die Verjährungsvorschriften bei Mängeln an beweglichen Kaufgegenständen und beweglichen Werken sowie bei Mängeln an unbeweglichen Werken zu vereinheitlichen und zu vereinfachen.
Eine Frage stellt sich allerdings beim eben beschriebenen Sachverhalt: Wann beginnen die jeweiligen Verjährungsfristen zu laufen? Bei einem nicht auf Mass gefertigten und damit handelsüblichen Tresor würde die Verjährungsfrist mit dessen Lieferung beginnen. Beim auf Mass vorfabrizierten Unikat hingegen, das als bewegliches Werk qualifiziert werden kann, beginnt die Verjährungsfrist mit dessen Abnahme. Dasselbe gilt für die Wand, bei der die Verjährungsfrist ebenfalls mit der Abnahme zu laufen beginnt. Dass im Rahmen eines Bauvorhabens die Abnahme des Tresors aber meistens nicht zum gleichen Zeitpunkt wie die Abnahme der Wand stattfindet, versteht sich von selbst. Es können gut und gern Monate zwischen den jeweiligen Abnahmen oder zwischen der Lieferung des beweglichen Werks und der Abnahme des unbeweglichen Werks liegen. Spätestens hier ist bedauerlicherweise Endstation für die Vereinheitlichungs- und Vereinfachungsbemühungen des Gesetzgebers.
Einschränkung der Parteiautonomie
Neu ist im Obligationenrecht auch die Einschränkung der Parteiautonomie, die ebenfalls einen besseren Konsumentenschutz zum Ziel hat. Demnach dürfen beim Kauf von Neuwaren die Verjährungsfristen gegenüber Konsumenten maximal auf zwei Jahre gekürzt werden, bei gebrauchten Sachen auf ein Jahr. Diese Einschränkung gilt auch für Werkverträge und für den Immobilienkauf. Darüber, wann ein Konsumentenvertrag vorliegt, dürften allerdings Auslegungsfragen vorprogrammiert sein. Grundsätzlich handelt es sich dabei aber um Verträge, die Sachen für den persönlichen oder familiären Gebrauch (resp. insbesondere Verbrauch) des Käufers zum Gegenstand haben, wobei der Verkäufer in Zusammenhang mit seiner beruflichen bzw. gewerblichen Tätigkeit handeln muss.
Ausblick
Eine Revision des Obligationenrechts, die sowohl eine Vereinheitlichung der Verjährungsfristen im ausservertraglichen Bereich (beispielsweise beim Unfall eines Passanten, der von einem Baustellenfahrzeug touchiert wird) als auch eine Harmonisierung mit dem Vertragsrecht bezweckt, ist in Arbeit. Mittels Verlängerung der Verjährungsfristen hat die Revision überdies einen besseren Schutz von Geschädigten im ausservertraglichen Recht zum Ziel.
Vor zwei Jahren schickte der Bundesrat einen Vorentwurf in die Vernehmlassung. Dieser sah insbesondere vor, dass die allgemeinen Bestimmungen des Verjährungsrechts für sämtliche privatrechtlichen Forderungen unabhängig von ihrem Entstehungsgrund gelten. Im letzten Sommer wertete der Bundesrat die Ergebnisse aus und gab die Vorbereitung einer entsprechenden Botschaft in Auftrag. Damals wurde kritisiert, dass die allgemeinen Bestimmungen des Verjährungsrechts prinzipiell für sämtliche privatrechtlichen Forderungen gültig seien. Ebenfalls Kritik erntete die vorgeschlagene Möglichkeit, die Verjährungsfristen im Vertragsrecht abändern zu können – dies mit der Begründung, dass die Idee der Vereinheitlichung und Vereinfachung des Verjährungsrechts dadurch tangiert würde. Zweifel wurden auch in Zusammenhang mit dem Schutz der schwächeren Partei (beispielsweise Arbeit- nehmende oder Mieterschaft) geäussert.
Die seit dem 1. Januar 2013 geltenden Bestimmungen stellen eine erste Annäherung an die Harmonisierung der Gewährleistungsfristen dar. Sie werden eine wichtige Rolle im Baubereich spielen. Anlässlich der laufenden Revision wird der Gesetzgeber jedoch einige Fragen eingehend klären bzw. geeignete Regelungen zu ihrer Lösung aufstellen müssen. Auf alle Fälle ist es momentan für die Betroffenen wichtig, die neuen Änderungen zur Kenntnis zu nehmen und sie im Rahmen ihrer alltäglichen Berufsrealität zu berücksichtigen.
Quelle: TEC21 / Rechtsdienst SIA